Donnerstag, 22. November 2012

Lösungsvorschlag zur Schuli


A. Abirede

UFO:
Abiturrede an die Besten des Jahrgangs im Saarland; Hintergrund: zunehmender Verlust der angestammten Funktion von Jugend, nämlich dem „Anderssein“; Intention: Kritik an diesem Verhalten; Inhalt: Reflexion über das Verhalten heutiger Adoleszenten



Hauptintention:
Kritik an der aktuellen Jugendgeneration

Teilintentionen:
Kritik an konformistischem Lebensstil, der vorgelebtem Lifestyle der Arrivierten antizipiert.

Kritik an der Oberflächlichkeit der Jugend und dem Mangel an geistiger Tiefe.

Vergleich mit seiner eigenen Generation und deren komplexes Verhältnis zur Musik.

Kritik an der Globalisierung der Lebensstile.

Kritik am freiwilligen Aufgeben der Individualität zugunsten von Gleichmacherei.

Verständnis für immer schwieriger werdende Situation junger Menschen.

Appell zu freiem Geist.




Nichts Schlimmeres gibt es für Euch als Langeweile[t5] . Und nichts Tabuisierteres als das, was in die Tiefe geht: Tod, Gewalt, Gefühle[t6] , sobald sie pathetisch werden, sogar Humor, wenn er abgründig wird. Statt dessen habt Ihr einen untrüglichen Sinn für das entwickelt, was zeitgeistig ist. Welche Themen diskutierbar, welche Vokabeln zulässig sind und welche nicht.[t7]  Damit aber habt Ihr auch Eure freiwillige Unmündigkeit erklärt. Wenn ich Euch reden höre, ist das, worüber Ihr Euch definiert, Kleidung und Musik.
Bei meiner Generation war es ebenso, nur mit dem Unterschied, daß wir uns noch nicht über Industriemarken mit einem Rollenbild identifizierten. Und die Musik für uns wenigstens noch den Anstrich von Verbotenem und Subversivem an sich hatte, mit Texten, die sich am Kritischen und am Poetischen maßen. Musik und Kleidung boten uns Identifikationsmöglich­keiten für etwas, das erst im Entstehen begriffen war, mit dem man sich erst auseinanderset­zen mußte, sie waren Träger einer Aufbruchsstimmung, die in den sechziger Jahren begann. und in den Achtzigern scheiterte. Statt Woodstock habt Ihr jetzt eine Love Parade als registered trademark [t8] für das Abtanzen in ein besinnungsloses Nirwana; statt Punk Pink. Auf die ei­gene Fahne schreiben kann und will ich dies nicht, um so weniger, als jene Epoche jetzt nur mehr als nostalgische Randerscheinung eines noch nie dagewesenen Industrialisierungsschu­bes aufleuchtet. Und Ihr könnt nichts dafür, daß alles, was danach kam, nur mehr vermarktet wurde. Sich selbst ähnlich und sich selbst nach vorgegebenen Formeln reproduzierend, hört und sieht es sich nun überall gleich an, in Japan, Amerika oder hier[t9] : Das Konzept der Globali­sierung mißt sich ja daran, daß Coca Cola und ein Hamburger überall gleich schmecken. Kein Wunder also, daß auch Ihr ausseht wie geklont. [...]
Ja, ich beneide Euch nicht. [t10] Und wenn ich wenig von Euch halte, dann weil Ihr keinen Gebrauch macht vom Vorrecht der Jugend, alles in Frage zu stellen. Es zu müssen, weil man bei diesem Erwachsenwerden doch alles beinahe zwangsläufig hinterfragt, bevor man es sich zu eigen macht, erst in der Konfrontation mit den Dingen zu sich findet. Denn jede Generati­on erfindet sich ihre Welt von neuem. Wo aber ist Euer Sturm und Drang? Wo das Bilder­stürmende und Denkmalstürzende? Wo das Anarchische und Idealistische der Pubertät?[t11]  Feige Konformisten seid Ihr. Langweiler![t12] [...] (ca. 500 Wörter)



B. "Ich bin, im weitesten Sinne, eher ein Anhänger der Sexualität"

ÜFO:
Glosse, Titel, Autor, Quelle;
Hintergrund: Allgegenwart des Themas „Sexualität“; Anlass: E-Mail des Instituts für Sexualpädagogik; Inhalt: Stellungnahme zu eigenen Haltung zum Thema „Sexualität“;

- Schilderung der Kontaktaufnahme des Instituts für Sexualpädagogik (5-13)
- Darlegung der eigenen Position zum Thema (14-18)
- Vergleich mit Themen aus dem politischen Diskurs (19-34)
- Blick auf die Position des Schriftstellers M. Huellebecq


Hauptintention:
Ironischer Blick auf die Ent-Romantisierung von Sexualität und deren Durchdringung der Gesellschaft

Teilintentionen:
Verwunderung oder Verspottung einer institutionalisierten Beschäftigung mit dem wohl privatestem Thema überhaupt (5-13)

Vergleich mit Problemkreisen aus dem politischen Diskurs und dem persönlichem Alltag des Autors (6- 34)

ironisierte Kritik an der ungleichen Verteilung von Sexualität innerhalb der Gesellschaft



B. "Ich bin, im weitesten Sinne, eher ein Anhänger der Sexualität"


Eine Dozentin des Berliner Instituts für Sexualpädagogik[t13]  hat mir eine Mail geschrieben. Das Institut für Sexualpädagogik[t14]  wolle zukünftig auf seiner Homepage Texte über Sexualität veröffentlichen, die von sogenannten »Promis« verfasst wurden, einem Personenkreis, dem mich die deutsche Sexualpädagogik[t15]  irritierenderweise zurechnet. Sie schreibt: »Wir sind Fans Ihrer Meinung zur Sexualität. Sie liegt genau auf unserer Linie!«
Das verwirrt mich. Bisher ist mir nicht bewusst gewesen, dass ich zum Thema Sexualität so etwas wie eine Meinung habe. Sollte man sich in der Sexualität denn nicht eher auf Gefühle verlassen als auf eine politische Linie?[t16]  Nun, das Institut für Sexualpädagogik[t17]  kennt sich da gewiss besser aus als ich.
Meiner Meinung nach ist Sexualität, ähnlich wie der Euro [t18] oder das Fernsehen, mit gewissen Einschränkungen politisch zu befürworten. Ich bin eher ein Anhänger der Sexualität. Der durch Sexualität verursachte Schaden (Überbevölkerung, Krankheiten, Verbrechen[t19] ) wird durch den Nutzen mehr als aufgewogen. So sehe ich das im Grundsatz. Nun die politische Feinarbeit.
[t20] Die Einführung eines freiwilligen sexuellen Jahres [t21] als Alternative zur ehemaligen Wehrpflicht lehne ich ab. Wer Sexualität zu anstrengend findet, frauenfeindlich, schlecht für die Karriere, klimaschädlich oder unhygienisch [t22] meinetwegen[t23] . Ganz falsch ist das alles ja nicht[t24] . Es wird bei der Sexualität, wenn der Mensch sie mit Engagement betreibt[t25] , zum Beispiel eine Menge Wärme erzeugt. Für das Eis an den Polen kann das unmöglich folgenlos bleiben. Wenn ich mir vorstelle, dass wegen jedes Sexualaktes,[t26]  oder vielleicht auch nur wegen jedes zehnten, irgendwo in der Arktis ein Eisbärbaby sterben muss, ja, sicher, das würde mich schon sehr, sehr nachdenklich [t27] machen. Ich glaube allerdings nicht, dass ich, also ich persönlich, mein Verhalten deswegen ändern würde. Ich wäre lediglich vor und nach dem Sexualakt[t28]  sehr nachdenklich. Falls die Regierung aber eine Quotierung der Sexualität ins Auge fassen [t29] sollte oder, was ich für wahrscheinlicher halte, die Einführung einer Sexualitäts-Ertragsteuer, von Bußgeldern für Raser, EU-Normen für die Dauer des Nachspiels, einer nach sexuellen Vorlieben gestaffelten Praxisgebühr oder einer Solidaritätsabgabe für europäische Staatsoberhäupter, [t30] die sich aus sexuellen Gründen verschuldet haben, dann, liebes Institut für Sexualpädagogik[t31] , werden Sie auch mich auf den Barrikaden finden. Ist das schon eine Meinung?[t32] 
Der französische Dichter Michel Houellebecq, zweifellos ein Promi, sagt, dass in unserer Gesellschaft die Sexualität extrem ungleich und ungerecht verteilt ist. Manche Leute haben viel Sex, vor allem gut aussehende, charmante oder reiche Menschen.[t33]  Andere haben gar keinen. Faktoren wie Hässlichkeit, Armut, Dummheit oder ein abstoßender Charakter [t34] scheinen sich auf dem sexuellen Markt [t35] extrem ungünstig auszuwirken. Houellebecq behauptet, dass nur die Prostitution solchen Individuen – beiderlei Geschlechts – eine Chance biete, dieses menschliche Urbedürfnis irgendwie zu befriedigen. Houellebecq ist folglich ein lebhafter Befürworter der Prostitution. Und es ist ja wirklich erstaunlich, dass unser Sozialstaat in seinem Bemühen um gerechte Verteilung aller Güter ausgerechnet die relativ wichtige und stark nachgefragte Sexualität [t36] bis heute ausgespart hat. Also, wenn Sie mich fragen, da wäre Luft für noch eine weitere Partei, wo jetzt sogar schon das Internet eine eigene Partei hat.


 [t1]freundliche Anrede, aber: Duzen (Scheinsolidarisierung oder Herablassung
 [t2]inverser Satzbau,
 [t3]überraschende, negative Konnotation
 [t4]asyndetische Aufzählung
 [t5]Inversion
 [t6]alliteratuive Aufzählung
 [t7]Anapher
 [t8]Antithese mit Anglizismen
 [t9]Dreierfigur, Entlastung der Jugend als Opfer einer Globalisierung
 [t10]Rückbezug zum Anfang, Widerholung
 [t11]Fragen
 [t12]elliptischer Ausruf, Beschimpfung als Fazit
 [t13]Whg
 [t14]Whg.
 [t15]Whg.
 [t16]Frage
 [t17]Whg
 [t18]Vergleich
 [t19]Aufzählung
 [t20]Ellipse
 [t21]Ironisierung/Zitat
 [t22]Aufzählung
 [t23]Parenthese
 [t24]Inversion
 [t25]ironische Umschreibung
 [t26]technischees Vokabular
 [t27]Steigerung
 [t28]antiromantisches Synonym
 [t29]Metapher
 [t30]Aufzählung, Anklang aus Vokaebln der Tagespolitik
 [t31]Anrede
 [t32]Frage
 [t33]Aufzählung
 [t34]Aufzählung mit antithetischem Grundton
 [t35]Synonym
 [t36]Analogie zur Wirtschaft

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